Ein Haus des Lichts

Die Romantik, eine Bewegung des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, hegte den Glauben, dass die Natur und der Mensch in ihrem Ursprung im Wesentlichen wohlwollend sind und dass man durch Isolation und Melancholie zu einer tieferen Wertschätzung persönlicher Erfahrungen gelangt. Sie betrachtete Leidenschaft und Intuition als grundlegende Voraussetzungen für das Erfahren und Verstehen der Welt und sie idealisierte die Vergangenheit als die edleren Zeiten. Die Romantiker befürworteten radikale Politik und unkonventionelles Verhalten und feierten die Leistungen einiger weniger „heroischer“ Individuen. 

Tatsächlich gibt es einige Parallelen zwischen der Romantik und unserer heutigen Zeit, in der die Individualisierung von Lebensstilen, Gütern und Dienstleistungen dazu geführt hat, dass die persönliche Erfahrung und Konzepte wie „Me-Time“ – die Vorstellung, dass man die wertvollste Zeit am besten mit sich selbst verbringt – immer wichtiger wurden. Diese starke Fokussierung auf individuelle Erfahrungen hat erneut dazu geführt, dass wir uns weniger in die wichtigen sozialen Gruppen einbringen, wie z. B. die Familie, in der wir leben, das Unternehmen, für das wir arbeiten, den Club und Verein, in dem wir Mitglied sind. All diese werden als selbstverständlich erachtet, obwohl gerade sie dazu beigetragen haben, unsere Gemeinschaft und Infrastruktur stabil und widerstandsfähig zu machen.

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Romantik dann vom Realismus abgelöst, der eine nüchterne Analyse der Bedürfnisse und der Situation der Gesellschaft mit sich brachte. Die Realisten befassten sich mit drängenden Themen, wie der fortschreitenden Industrialisierung und Urbanisierung, welche in den Jahren zuvor nicht ausreichend Aufmerksamkeit erhalten hatten. Der internationale Handel boomte; und die Zunahme des Warenverkehrs führte zu einer wachsenden Zahl von Unfällen auf See. Um finanzielle Interessen zu schützen und die Seelen an Bord der Schiffe zu retten, wurden die Frachter größer, und entlang der Küste wurden Leuchttürme errichtet, die den einlaufenden Schiffen als Leitlichter dienten.

Der Leuchtturm Westerheversand wurde im Jahr 1906 erbaut. Er wurde auf einem künstlichen Hügel, 1.000 Meter vor dem äußeren Seedeich, errichtet. Er ist 41 Meter hoch und hilft den Seefahrern das ganze Jahr, über durch die gefährlichen Untiefen und Strömungen der Nordseeküste zu navigieren. Als unbewegliches, hunderte Tonnen schweres Seezeichen ist sein beruhigender Lichtimpuls – eine Sekunde Dunkelheit, gefolgt von zwei Sekunden Licht – noch aus einer Entfernung von 40 Kilometern zu sehen. Und wie mir moderne Kapitäne und Schiffslotsen bestätigten, haben Leuchttürme ihre Bedeutung für die Orientierung bis heute bewahrt.

Leuchttürme bieten eine wichtige Orientierungshilfe, wenn unsere menschliche Intuition schlichtweg nicht ausreicht, um Schaden zu vermeiden. Sie ermöglichen eine sichere Reise auch bei rauer See und sorgen für Stabilität im Handel. Sie stehen für kluge Voraussicht, für die Vermittlung von Ideen und für erfolgreiche menschliche Zusammenarbeit. Wenn ein Leuchtturm den Menschen auf stürmischer See Hoffnung und Sicherheit zu geben vermag, dann deshalb, weil jemand zuvor die Notwendigkeit kommuniziert hat, ihn dort zu errichten.

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